Nachhaltigkeit und Innovation aus Wurzen

Zu Besuch bei den Präzisionswerkzeugmechaniker:innen von PWWU

An einem milden Herbstnachmittag fahren wir in den Nordosten des Landkreises – und zwar in die Große Kreisstadt Wurzen. Inoffiziell ist Wurzen auch als Ringelnatz-Stadt bekannt, da sie Geburtsort des Dichters Joachim Ringelnatz ist.

Doch wir sind aus einem anderen Grund hier: Wir sind mit Herrn Uwe Schmidt, Geschäftsleiter von PWWU, kurz für Präziosionswerkzeuge Wurzen, verabredet. Uwe Schmidt kommt selbst aus Wurzen und hat den Betrieb 1996 von seinem Vater übernommen. Heute lebt er zwar in Leipzig, doch sein Arbeitsort ist nach wie vor Wurzen, und das schon seit rund 26 Jahren. Angefangen hat alles mit einigen wenigen Schleifmaschinen in einer Garage – mit der Zeit wurden es mehr und mehr Maschinen sowie Mitarbeiter:innen. Nun ist PWWU längst mehr als eine Präzisionswerkzeugschleiferei; denn zusätzlich werden Werkzeuge für Präzisionsarbeiten selbst entwickelt und hergestellt. Die eigens produzierten Werkzeuge werden über den betriebseigenen Onlineshop www.pwwu24.de in die ganze Welt verkauft.

Präzisionswerkzeug – was genau ist das eigentlich?

Es gibt wohl nur wenige Schleifereien und Präzisionswerkstätten in Sachsen – und im Landkreis Leipzig hält PWWU quasi alleine die Stellung. So ist es nicht verwunderlich, dass nur die wenigsten Menschen wissen, was sich hinter dem Begriff „Präzisionswerkzeug“ genau verbirgt und was Präzisionswerkzeugmechaniker:innen tatsächlich machen.

 

Zu allererst handelt es sich hierbei um ein Handwerk. Uwe Schmidt erklärt uns, dass ausgebildete Präzisionswerkzeugmechaniker:innen ganz genau wissen, welche Beschaffenheit ein Werkzeug, je nach Verwendung und Gebrauch, haben muss. Sie stellen das Werkzeug also nicht nur in Eigenverantwortung her, sondern wissen auch, wie es auszusehen hat und entwickelt selbst die Geometrie für das jeweilige Werkzeug. Präzisionswerkzeugmechaniker:innen sind so etwas wie Werkzeugdesigner:innen. Doch welche Werkzeuge sind nun Präzisionswerkzeuge? Darauf gibt es eine Fülle an Antworten und Beispielen. Häufig werden Präzisionswerkzeuge für die Autoindustrie oder die Glasfaserverarbeitung produziert. Auch spezielle Bohrer für Schrankscharniere oder die Dämmstoffe von Kühlschränken, oder aber Fräsen für Kunststofffenster oder Fußbodenleisten zählen zu den Präzisionswerkzeugen, die PWWU selbst herstellt und vertreibt. Da PWWU als Werkzeugschleiferei angefangen hat, zählt außerdem zu den Aufgaben der Präzisionswerkzeugmechaniker:innen, abgenutzte Werkzeuge wieder instand zu setzen. Diese kommen ebenso aus den verschiedensten Bereichen: Rundmesser aus einer Papierfabrik, Bohr- werkzeuge mit bis zu 100 Millimetern Durchmesser oder Heckenscheren und Rasenmähermesser aus dem Privathaushalt. Kund:innen von Präzisionswerkzeuge Wurzen kommen wie die Werkzeuge aus den verschiedensten Bereichen – Industrie, Handwerkerbetriebe oder private Tüftler:innen.

Die Ausbildung zur Mechaniker:in für Präzisionswerkzeuge im Landkreis Leipzig

Den Beruf „Präzisionswerkzeugmechaniker:in“ gibt es seit rund 20 Jahren; damit ist es ein noch recht junger Beruf. Die Ausbildung an sich dauert dreieinhalb Jahre. Meist gilt: Möchte eine Präzisionswerkstatt neue Mechaniker:innen einstellen, müssen diese erst ausgebildet werden. Bereits ausgebildetes Fachpersonal ist sehr rar, da die Branche recht überschaubar ist und der Fachkräftemangel auch hier keinen Halt macht. Das Positive daran: Wer einen Ausbildungsplatz als Präzisionswerkzeugmechaniker:in bekommt, hat sehr gute Chancen vom Ausbildungsbetrieb übernommen zu werden und perspektivisch ein langfristiges Arbeitsverhältnis einzugehen. Dies gilt auch für PWWU in Wurzen, welcher außerdem einer der wenigen Ausbildungsbetriebe für den Beruf Präzisionswerkzeugmechaniker:in in Sachsen ist, erzählt Uwe Schmidt.

Herr Uwe Schmidt ist neben seiner Funktion als Betriebsleiter von PWWU auch Präsident des Fachverbandes Deutscher Präzisions- und Werkzeugschleifer e. V. Jener Verband, erzählt Herr Schmidt, kümmert sich zu großen Teilen um die Ausbildung; beispielsweise hinsichtlich der Lehrinhalte für Aus- und Weiterbildung und unterstützt das Lehrpersonal in der Berufsschule in Neustadt an der Rhön, welche die Einzige im deutschsprachigen Raum ist. Eine weitere wichtige Aufgabe des Fachverbandes sei die Organisation der weltweit wichtigsten Fachmesse im Bereich Schleiftechnik namens GrindTech. Diese finde alle zwei Jahre, für gewöhnlich im März, in Augsburg statt, so Uwe Schmidt. In diesem Jahr musste die Fachmesse aufgrund der Covid-19-Pandemie leider entfallen.

Für Uwe Schmidt sei aber vor allem der Austausch innerhalb des Fachverbandes mit Kolleg:innen aus der Branche wichtig. Schließlich handele es sich um eine sehr investitionsintensive sowie innovationsreiche Branche, sodass etwa häufig neue Maschinen mit hohem finanziellen Wert angeschafft werden müssten, um mit den technischen Entwicklungen Schritt halten zu können. Solche Anschaffungen sollten gut überlegt sein – da helfe die Erfahrung und Expertise der Kolleg:innen, erzählt Herr Schmidt im Interview. Aber zurück zur Arbeit bei PWWU: Die Stimmung im Team erscheint sehr kollegial und basiert stark auf Grundvertrauen und Selbstverantwortung in der Arbeit. Alle würden sehr gewissenhaft arbeiten – dass man mal Fehler macht, sei nur menschlich. 

Solange jene Fehler dann eigenständig behoben werden und gegebenenfalls nach Hilfe gefragt werde, sei alles im grünen Bereich. Es gilt das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit. Auch hinsichtlich der Arbeitszeiten sei man flexibel. Die Arbeitszeiteinteilung kann das Team selbstständig übernehmen; Hauptsache zwischen sieben und 18 Uhr sei jemand in der Werkstatt vor Ort. Uwe Schmidt erklärt, dass er gerne Arbeitsbedingungen schaffen möchte, unter welchen auch er gerne arbeiten würde und dazu gehöre eben beispielsweise eine gewisse Flexibilität bezüglich der Arbeitszeiten.

Die Arbeit solle schließlich auch Spaß machen. Eine wichtige Eigenschaft bei zukünftigen Mitarbeiter:innen sei demnach Verlässlichkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Wer Lust hat, den Betrieb und den Beruf näher ken- nenzulernen, ist herzlich eingeladen, ein Praktikum bei PWWU zu absolvieren, sagt Uwe Schmidt. Dazu könne man sich ganz un- kompliziert bei ihm melden; via Telefon oder E- Mail.

Die Auswirkungen des Lockdowns

Natürlich hat auch PWWU in Wurzen den Covid-19-Lockdown im Frühjahr und Frühsommer 2020 zu spüren bekommen. Zwar hielten sich die Herausforderungen bezüglich der Hygienekonzepte in Maßen, aber vor allem finanziell sei es enger geworden, so Herr Schmidt. Die Maschinen in der Werkstatt müssten sowieso recht weit voneinander entfernt stehen, aus Arbeitsschutzgründen. Demnach sei es weniger problematisch, den nötigen Mindestabstand zwischen den Angestellten einzuhalten. Da die Arbeitszeiten sowieso weit über den Tag gestreckt sind, komme man sich kaum in die Quere, berichtet Uwe Schmidt. Alle Mitarbeiter:innen erhielten selbstverständlich auch Masken und ausreichend Desinfektionsmittel vor Ort. Die Marketingmitarbeiterin sowie die Buchhalterin erledigen ihre Arbeit zur Sicherheit im Home Office. So weit, so gut. Problematisch für Präzisionswerkzeuge Wurzen war jedoch, dass alle größeren Kund:innen die Produktion herunterfuhren, da sie die

Mitarbeiter:innen überwiegend in Kurzarbeit versetzen mussten. Es wurde weniger produziert und demzufolge weniger Werkzeug nachgefragt beziehungsweise benötigt. Dies führte in der Zeit des ersten Lockdowns zu einem Umsatzeinbruch von 30-40 Prozent. Aktuell entspanne sich die Lage glücklicherweise wieder, denn die Produktion der PWWU-Kund:innen im Gesamten sei wieder ge- stiegen, so Uwe Schmidt.

Der Blick in die Zukunft

Für Uwe Schmidt birgt die Zukunft zwei große Herausforderungen – sowohl für die Industrie im Allgemeinen als auch speziell für PWWU. Zum Einen befinden sich Industrie und Wirtschaft in einem Transformationsprozess, ausgelöst durch die zunehmende Digitalisierung, erzählt Herr Schmidt. Zum anderen spiele die Umstellung auf Nachhaltigkeit eine große Rolle. Der Klimawandel und seine Konsequenzen rücken immer näher, die Industrie muss handeln und sich anpassen. Eine Folge sei etwa die schrittweise Abschaffung des Verbrennungsmotors, berichtet Uwe Schmidt. Konkret bedeute dies für PWWU, dass weniger Werkzeuge in der Automobilindustrie benötigt werden und eine Spezialisierung auf neue Bereiche, wie etwa Holz- oder Kunststoffverarbeitung, erfolgen müsse. Alles in allem sei die Präzisionswerkzeugmechanik aber gut aufgestellt, was das Thema Nachhaltigkeit betrifft. Schließlich sei die Aufarbeitung alter, abgenutzter Werkzeuge ein wesentlicher Teil der Arbeit.

Jene Transformationsprozesse brauchen allerdings Zeit und sind nicht von heute auf morgen zu bewältigen. Uwe Schmidt betrachtet jene Herausforderungen aber auch als Chancen, denn sie bieten die Möglichkeit auf Innovation und Weiterentwicklung; in vielerlei Hinsicht.

Hinsichtlich des Fachkräfte- und Auszubildendenmangels wünscht sich Uwe Schmidt für die Zukunft mehr Bewusstsein und Sensibilität für den Beruf „Präzisionswerkzeugmechaniker:in“ – vor allem seitens der Ämter und Ausbildungsstätten. Viel zu oft hätten junge Menschen ein falsches Bild von der Branche oder kein Wissen darüber, was das eigentlich sei. Dabei sei die Branche eine der innovativsten Gewerbe überhaupt. Werkzeuge für die Präzisionsbearbeitung erfordern enorm viel Know-how in der Herstellung, werden dafür aber auch in allen Bereichen der Industrie eingesetzt. Dies sollten mehr Menschen wissen und schätzen.

Du hast Lust auf die Arbeit als Präzisionswerkzeugmechaniker:in und insbesondere bei PWWU in Wurzen? Gerne kannst du dich bei uns (via Instagram, Facebook oder E-Mail „VomLKLgesucht“) oder direkt bei PWWU in Wurzen ( 03425-812804, schmidt@pwwu.de, Facebook @pwwu24) melden.